Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung

 

Buch: Mennonitisches Jahrbuch 1906. H. Dirks. 1907. Halbstadt
Artikel: Aus den Aufzeichnungen eines Alten. (von Aeltesten H. Dirks )
 
   
 
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Die deutschen Ansiedler wurden zur Zeit Paul' s unter ein Vormundschaftskomitee gestellt, welches sich in Ekaterinoslaw befand, und dem der Herr Fadejew vorstand. Von dort wurden die Vorschussgelder geholt und Instruktionen erhalten. In spaeterer Zeit fiel das Vormundschaftskomitee weg, und 1818 wurde in Odessa das Komitee fuer die suedrussischen deutschen Ansiedler errichtet. Der erste Praesident im Komitee war Staatsrat Hahn, ein Deutscher, der letzte Baron von Dettinger. Unter dem Komitee gab es ein Inspektorat fuer die deutschen Ansiedler in Prischib, dessen erster Inspektor Peleg, ein Russe, dessen letzter Hoffmann war, welcher das Amt so lange verwaltete, bis das Inspektorat aufhoerte und auch die deutschen Ansiedler dem betreffenden Ispektorat bzw. Polizeichef unterstellt wurden.
Die Wirte in den Doerfern waren verpflichtet, 1/2 Desjatine Obstgarten am Hofe, 1/4 Desjatinen Maulbeerbaeume und 1/4 Desjatinen Waldbaeume anzupflanzen, die Poststrassen mit Daemmen und Bruecken zu versehen und vermauerte Werstpfeiler zu errichten. Sie waren zehn Jahre frei von der Abgabenzahlung. Es wurden von den 120.000 Desjatinen Land zwei Werst breite Tschumakenwege, die Salztrakte aus der Krim, angelegt, damit auf denselben Oschfuhren fahren koennten, und das Zugvieh, wenn es ausgespannt wurde, oder auch Vieh, das getrieben wurde, frei weiden konnte. Drei Traktieren (Gasthaeuser) mit Brunnen dabei wurden am Tschumakenwege angelegt, das eine, genannt "drei Rosen", unweit der Stelle, wo jetzt Kleefeld ist, das zweite nicht weit von dort in suedwestlicher Richtung, wo jetzt das Dorf Steinfeld steht, und das dritte bei Tiegerweide. Lange Reihen von russischen Pavosen (Wagen) mit weissen Oschen davor, sah man oft auf dem Tschumakenwege einherziehen oder Herden von Schafen und Kindern und Pferden wurden darauf geweidet und getrieben.
Nach Ansiedlung der Doerfer von Ladekopp bis Altenau wurde nach und nach das ganze von der Krone erhaltene Land besiedelt, bzw. Doerfer darauf angelegt. Lange hatte die ganze Ansiedlung bzw. Kolonie nur eine Gebietsverwaltung, das Gebietsamt zu Halbstadt; spaeter 1870 wurde die Kolonie in zwei Wollosten geteilt, die Halbstaedter und Gnadenfelder, die erste mit dem alten Amtshause in Halbstadt, die andere mit dem Amtshause in Gnadenfeld. Die hoechsten mennonitischen Beamten in den mennonitischen Kolonien sind eben die Bezirksaeltesten, und in jedem Dorfe der Dorfsaelteste.

         
 
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Zuletzt geaendert am 27 Mai 2008.