Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung

 

Buch: Mennonitisches Jahrbuch 1906. H. Dirks. 1907. Halbstadt
Artikel: Aus den Aufzeichnungen eines Alten. (von Aeltesten H. Dirks )
 
   
 
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Der Steppenfluss Juschanle nimmt seinen Anfang ganz an der Ostgrenze des von der Regierung den Mennoniten angewiesenen Landes, hat verschiedene Kruemmungen und auf Stellen steile Felsenufer; er muendet dicht an der Suedwestgrenze des den Mennoniten gegebenen Landes in die Molotschna. Die Reihe von Doerfern von Ladekopp bis Altenau wurde zuerst angelegt (1804). Die Krone gab den Ansiedlern Vorschuesse, welche aber mit Zinsen zurueckgezahlt worden sind.
Noerdlich von dem Lande, das die Mennoniten erhalten hatten, lagen und liegen noch eine Reihe
Doerfer deutscher Kolonisten, lutherischer und katholischer Konfession, suedlich dagegen finden sich Nogaier, ein tartarischer Volksstamm, der groesstenteils von Viehzucht lebte. Sie hassten die Mennoniten als Eindringlinge und fuegten ihnen durch Raeubereien viel Schaden zu, ermordeten sogar einige. Dafuer liess die Regierung sie entwaffnen, und spaeter mussten sie das Land raeumen.
Auch sonst hatte die neue Ansiedlung mit Schwierigkeiten zu kaempfen. Das Bauholz musste man weit vom Dnjepr holen. Als Heizmaterial musste Gras, Stroh und getrockneter Mist dienen. Lange fehlte es an einem Markte. Man brachte die Produkte erst nach Taganrog, spaeter, als Berdjansk gegruendet war, dorthin.
An der Grossen Poststrasse von Charkow, die ueber Ekaterinoslaw, Orechow, (damaliger Kreisstadt), Kisljar (Melitopol) in die Krim ueber Achmedsched (Simferopol) nach Bachschissarai, dem Sitz des frueher in der Krim regierenden Chans ging, und die sich auch durch die Reihe der Mennonitendoerfer an der Molotschna von Ladekopp bis Altenau zieht, mussten an den Grenzen des Mennonitenlandes bei Tokmak und Altenau auf Befehl der hohen Obrigkeit je ein von Ziegeln bemauerter Pfeiler mit Ruppel errichtet werden. An der der Poststrasse zugekehrten Seite war eine Tafel angebracht, die unter dem Symbol Zweier ineinander fassender Haende die Inschrift traegt: Semlja Mennonitksago bratswa, (Land der Mennonitenbruederschaft), wo denn oefters hohe Herrschaften, die auf ihren Karossen nach dem Sueden der Krim reisten, Halt machten, den Pfeiler besahen und die Inschrift lasen; denn Eisenbahnen gab's zu jener Zeit noch nicht im Sueden Russlands. Die Doerfer von Halbstadt bis Altenau wurden der Nummer nach angesiedelt -Halbstadt war No. 1 - Altenau, das letzte in der Reihe, war No. 9, und die zwischen Halbstadt und Altenau liegenden Doerfer sind die Nummern zwischen 1 und 9.

         
 
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Zuletzt geaendert am 27 Mai 2008.