Brief von H. K. Fast Dolinsk, Neu-Samara in der „Mennonitische Rundschau“ vom 4. Oktober 1922

 

Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau) (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 4. Oktober 1922, Seite 12. (gotisch) von Lydia Friesen (geb. Esau).

 

(Eingesandt von Br. M.B. Fast, Reedley, Calif.)
           Dolinsk, den 5. August 1922.
     An die Mennonitische Rundschau!
  Im Dorfe Kaltan, Neu- Samara wohnt eine arme Witwe Aganeta Fast mit ihren 5 kleinen Kindern. Ihr verstorbener Mann war Heinrich Fast aus Kuterla, wo seine Mutter, eine geborene Elisabet Görzen wohnt, stammend aus Furstenweder oder Ladekopp. Dieselbe hat in Amerika einen Bruder Heinrich Görzen. Der verstorbene H. Fast hat in Amerika ebenfalls einen Onkel – Bernhard Fast. Wenn dieselben schon gestorben, so lebt von den Kindern jedenfalls noch wer. Witwe Fast ist sehr arm und bittet um Food Drafte.
  Im Dorfe Dolinsk ist Witwe Anna Epp mit 5 Kindern. Ihr Mann ist im Kriege gestorben, namens Bernhard Epp. Diese Frau bittet zwar nicht selbst, doch bitte ich für sie um Food Drafts, denn sie hat viel gelitten durch Hunger und Krankheit. Frau Anna Epp hat im Mai einen Food Draft von Mart. B. Fast, Reedley, Calif. erhalten.
  Die Adresse für beide ist: Post Pleschanow, Gouv. Samara.
          Herzlich Grüßend H.K. Fast.
Dolinsk. Post Pleschanow, Gouv. Samara
…. Die russische Regierung hat ein Dekret herausgegeben, laut welchem jeder freie Bürger Rußlands einen Auslandspaß erhalten kann. Der Paß kostet für jede Person über 16 Jahre 24 Millionen Rubel. Jakob Hübert, Schwager des Herm. Neufeld, Hilfseditor, hat vorige Woche Telegramm erhalten, daß seine Auslandspapiere und Freikarten in Moskau liegen, er will fahren. Es sind hier mehrere, die auf Zuzugspapiere von Amerika warten und auch auf Freibillete, und dann fahren wollen. Die Auswanderung geht wohl nach Canada, wie wir aus der Rundschau und aus Privatbriefen lesen. Es kommen von dort Briefe hier her, die einladen zu kommen, aber auch solche, die warnen. Für diejenigen, die hier Haus, Hof und Vieh u.s.m. besitzen  ist vielleicht auch besser, hier zu bleiben, aber solche, die hier nichts besitzen und nur zur Last liegen, die hier jetzt nichts verdienen können – könnten über dem Ozean zu etwas kommen, zumal eine kleine Mithilfe versprochen wird. Die Mennoniten aus Sibirien wollen alle weg. Die Sache wird immer ernster, und wir möchten sehr gerne noch vor dem Winter weg. Die russische Behörde unter Mithilfe der Amer. Relief Adm. ist sehr bemüht, die zerstörte Kultur wieder zu heben, und es wird auch viel Gutes auf diesem Gebiete geleistet, sowohl von der ARA, als auch russ. Behörde.

   
Zuletzt geändert am 9 Februar, 2017