Brief von Jakob Janzen aus Nikolaipol, Aulieata in der „Mennonitische Rundschau“ vom 5. August 1896

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 5. August 1896, Seite 2. (gotisch) von Elena Klassen.

 

Asien
Nikolaipol bei Aulieata im Turkestanischen, 5 Juni, 1896.
Ich bin veranlaßt, auch aus unserer Mitte einmal ein Lebenszeichen zu geben, und die besondere Triebfeder dazu ist: ich soll eine Todesanzeige machen. Viele von den Lesern der Rundschau kennen wohl Bruder Abraham Wiebe, früher Wernersdorf, Russland. Der ist am 17 Mai gestorben. Krank gelegen hat er an 7 Wochen; jedoch gesund war er schon seit 2 Jahren nicht. Sein Alter war 60 Jahre, weniger 25 Tage. In der Ehe gelebt 38 Jahre; von seinen 12 Kindern haben ihn 5, und von 23 Kindeskindern 19 überlebt. Im Glauben hat er an 20 Jahren gelebt; nun ist er vom Glauben zum Schauen, vom Kämpfen zum Triumphieren, vom Sterben zum Leben gekommen. Das können wir aber auch von der Gattin des Kornelius Müller sen., früher Wolga, Rußland, sagen; die starb bald darauf, den 19 Mai. Nun ist die große Frage die: Wann wird man das von Dir sagen? Wenn Dir der Tod kommt, noch ehe der Herr Jesus selbst kommt, wirst du selig sterben? Oder wenn sich plötzlich Luc. 17, 34 erfüllen sollte, und wir können das ganz erwarten, wirst Du nicht verlassen werden? Wollen das erwägen, liebe Leser!
Der Gesundheitszustand ist hier gegenwärtig nicht ganz so gut wie schon gewesen, es herrscht viel Schnupfen mit etwas Fieber.
In der Witterung scheint es ganz außer dem gewöhnlichen Geleise  kommen zu wollen, wir haben dieses Jahr viel Regen; die Flüße haben schon lange Hochwasser, und so, daß selbst die Kirgisen hier sagen: sie wissen von so hohem Wasser nicht. Durch`s große Kapp, auf unserm Wege zur Stadt, können wir schon seit einiger Zeit gar nicht fahren, sogar das Reiten geht da nicht mehr; wer von hier zur Stadt will, muß herum durch`s kleine Kapp.
Auf dem Wege nach Taschkent haben die Flüsse auch außergewöhnlich lang und viel Hochwasser, jedoch von großen Unglücksfällen im oder durch`s Wasser ist mir nichts bekannt. Zwieschen Taschkent und Samarkand soll jetzt wegen den Flüssen Syrdarja und Seraffschan kein Verkehr sein. Das Getreide hier ist dicht und groß, und hat der Regen schon viel Wässerarbeit bespart, dagegen hat aber auch das Hochwasser großen Schaden am Orek (Bewässerungs-Kanal) gemacht.
Allen lieben Lesern, die sich unser erinnern, einen herzlichen Gruß mit 1. Pet. 1, 3-5.
Auf Wiedersehen

Jakob Janzen
   
Zuletzt geändert am 27 Januar, 2017