Mennonitische Emigranten in Amerika angekommen und ein Dankschreiben von Peter Töws (Aulie - Ata) in "Christlicher Bundesbote" vom

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

1 Oktober 1885, Nr. 19, S. 5 und 15 Oktober 1885, Nr. 20, S. 5

Fünfzehn Mennoniten – Familien am 15. September in Castle Garden, N.Y., angekommen.

Herr H. Schriek, Missionar und Vertreter der Baptisten im Castle Garden war so freundlich uns Mittheilung von der Ankunft dieser Geschwister zu machen. Er berichtete unter dem Datum des 7. Septembers wie folgt:

Lieber Bundesbote!

Deine Beschreibung der Einwanderung früherer Mennoniten habe ich mit großem Interesse gelesen. Gewiß hat mancher Deiner Leser im Stillen gedacht: „Gottlob, daß wir heutzutage Eisenbahnen und Dampfschiffe haben, mit welchen man schneller und bequemer an das Ziel kommt und der mancherlei Mühsalen und Leiden enthoben ist.“

Trotz dieses Fortschrittes aber kommen heute noch Einwanderer, deren Erlebnisse nur eine Fortsetzung der langen Leidensgeschichte ist, wie die Einwanderung seit 2 ½ hundert Jahren sie uns darbieten.

So kamen am 5. September auf dem Dampfschiff Elbe aus Russisch – Asien 15 Mennoniten Familien, zusammen 64 Seelen, im Castle – Garden an. Dieselben haben auf ihre viermonatliche Wanderung mit Hindernissen und Schwierigkeiten, mit Noth und Entbehrung aller Art gekämpft. Es war in der That rührend diese müden Wanderer anzusehen, wie sie sich gelagert hatten in der Rotunde des Castle – Garden. Da sassen Mütter mit Säuglein auf dem Schoß; da waren Kinder verschiedenen Alters, deren bleiches Aussehen erkennen ließ, daß sie Vieles entbehrten und ein hartes Loos hatten. Ich ging von einem zum Andern, ermunterte und tröstete sie. Auf die Frage, wie lange müssen müssen wir noch reisen, durfte ich ihnen sagen, daß bald alle überstanden ist; nur noch wenige Tage und sie werden am Ziele ihrer Reise sein. Mit Thränen wiederholten sie und sagten: Ja, endlich, endlich wird es wahr werden. „Bis hieher hat der Herr geholfen. Er wird vollends hindurchhelfen.“ Den Familien – Vätern ging ich mit Rath und Auskunft und Beistand an die Hand und war ihnen behilflich zur Abreise. Von den lieben Kindern erhielt jedes ein Neues Testament und Tractate, was ihnen eine überraschende Freude bereitete. Beim Abschied war es mir tröstlich zu wissen, daß diese Geschwister am Ziel ihrer Reise im Herrn verbundene Brüder und Schwestern finden, welche eingedenkt des Wortes unseres Heilandes „Ich war ein Fremdling und ihr nahmet mich auf; ich war hungrig und ihr habt mich gespeiset! u.s.w.“ und herzliche Liebesthätigkeit an ihnen üben werden. Als Missionar und Vertreter der Baptisten um Castle – Garden hat es mir jeher Freude bereitet, unsern so nah verwandten Glaubensbrüdern, ein herzliches und brüderliches Willkommen zu bereiten und ihnen mit liebender Sorgfalt zu dienen, damit sie vor Betrügereien bewahrt bleiben.

Mit brüderlichem Gruß

H. Schiek.

26. Statestr., New York.

15 Oktober 1885, Nr. 20, S. 5

Ein Dankschreiben

An das Hilfskomite, Halstead, Kansas.

Geliebte im Herrn, ich fühle mich von Herzen gedrungen Euch meinen Dank für eure mir erwiesene Hülfe auszusprechen. Mit Freuden und Dankheitsthränen erkenne, und denke ich daran, was Gott durch Euch mir Gutes gethan hat, und weiß, daß ich solch großer Wohlthaten Gottes nicht werth bin und mit Petrus sagen muß: „Herr, gehe von mir hinaus, ich bin ein sündiger Mensch.“ Theure und geleibte Brüder, Allen, die Ihr Euch meiner angenommen, sei es durch Unterstützung von Mitteln, oder die, welche dies nicht thun konnten, aber dies mit geneigten Herzen vor dem Throne Gottes ihre Kniee gebeugt und gefleht für eine helfende, gnädige und rettende Hand, möchte ich danken und den Frieden Gottes in Christo Jesu wünschen.

Um den Brüdern vor Augen zu stellen, damit sie sehen können aus welcher Lage, Bedrücktheit und Gefangenschaft, in der ich so schwer gelegen, sie mich durch den Beistand und die Kraft Gottes errettet haben, erkläre ich mich folgendermaßen:

Der Anfang meiner Bedrückung war meine Bekehrung, da ich entschied mit der Welt brach und nicht mehr mit ihr Gemeinschaft suchte und zum Zeichen die Taufe meines Heilandes, die Flußtaufe, angenommen, auf den Glauben unserer Väter, der Märtyrer, die mir als Vorbilder von Gott und aus Gnaden geschenkt worden durch die Kraft Christi. Hierauf ward ich von der Kirche, die zum Theil verweltlicht war, verspottet, als ich ihnen in aller Liebe es beweisen wollte und sie es nicht glauben konnten; dazu kam noch das Militärwesen an der Wolga, weßhalb ich nach dem Kuban gezogen, indem ich mich vorher nach der Freiheit daselbst erkundigt hatte und es hieß, daß vor zehn Jahren keine Rekrutirung stattfinden werde. Darnach, als ich zwei Jahre da wohnte, wurde das Militärwesen auch eingeführt, und dazu mußte ich da auch noch die Schmach als ein Baptisten tragen, weil alle meine Brüder dort am Kuban zwar als Mennoniten bekannt, doch mit den Baptisten zum heil. Abendmahl gingen, und da ich mit ihnen das Bruderband gelöst, stand ich da in großer Schmach und Verachtung der Brüder. Später entstand an der Molotschna und Wolga eine Gemeinschaft, die sich nach einem äußerlichen Schein als die wahre Brautgemeinde erwiesen und zog nach Taschkent. Dieser bin ich nachgezogen, weil ich ihren Schein für das wahre Wesen hielt; aber wieder war ich getäuscht. Während ich in Taschkent war, wollte ich mich der Gemeinde anschließen, wurde aber von dem Gemeindeältesten, Abraham Peter Neukirch ( Abraham Peters aus Neukirch??? – E.K.), abgewiesen. Dann sind wir nach Aulie – Ata gezogen und haben uns da angesiedelt. Auch da habe ich bei der Gemeinde angehalten, und wurde angewiesen. Auch hier trat der Wehrdienst ein, der von den Brüdern Sanitätsdienst genannt wurde, den sie zwar annehmen wollten, doch auf verschiedene Weise, so daß eine große Uneinigkeit entstanden ist in der Gemeinde. Dazu haben die Kollekten, die doch zu einem guten Zweck und aus treu liebenden Herzen geopfert wurden, Zerrüttungen bewirkt. Auch war wegen dem Wasser mit dem wir unsere Länder bewässerten, eine Erbitterung unter den Brüdern entstanden, worauf ich mich an Bruder Ekkert in Amerika wandte, um mir mit Rath und That beizustehen, denn ich hatte im „Bundesboten“ und der „Rundschau“ gelesen, daß in Amerika volle Glaubensfreiheit gestattet werde und daß jede Sekte sich frei nach ihrem Glauben bewegen könne. Br. Ekkert rieth mir dann, wenn es nicht wegen Glaubenssache sei, ich sollte nur ruhig in Asien bleiben, denn er hatte aus Briefen gehört, es ginge mir wohl. Da ich aber nur 900 Rb. baares Geld hatte und nicht wußte, was ich aus meiner Wirthschaft lösen könne (weil hier Keiner Etwas kaufen würde), wandte ich mich an die Brüder E. Löppke und P. Gäde, aber ich erhielt keinen Bescheid. Endlich faßte ich den Muth mich an das liebe Hilfscomite zu wenden, weil ich aus den Blättern gelesen, daß auch die Getauften sich mit den Gaben der Liebe mit dem Comite verbrüdert haben. Dem Herrn sei Dank, Er wolle uns Allen hinüber helfen in Sein ewiges und herrliches Reich durch Jesum Christum. Amen.

Im Namen meiner Glaubensbrüder Johann Neufeld und Heinrich Peters, vom Kuban, spreche ich hier den herzlichen Dank aus für das geneigte, wohlwollende Zuvorkommen mit der helfenden, brüderlichen Liebe. Der Herr weiß, was Er thut. Er schaffe unser ganzes Leben, daß wir, und Ihr Lieben, zu Seines Namens Ehre und unserer Seelen Seligkeit alle mit einander in seinem Geist und seiner Liebe, als wahre Glieder an dem Leibe Christi, uns bauen und ermuntern durch sein Wort, in welchem uns durch sein Blut aufgerichtet ist eine Erlösung von allen Sünden Hölle, Tod und Gericht. Ach, lieben Brüder, verachtet mich doch nicht weil ich die Flußtaufe als ein wahres Zeichen meines Glaubens und Wiedergeburt angenommen habe; keinen andern Menschen will ich damit verachten, und will mich gerne als ein Bruder in Gemeindesachen richten lassen, wenn ich gegen den Mennoniten – Glauben (Mennonitische Bekenntniß) sündige.

Euer Bruder,

Peter Toews.

Newton, Kan., 17. September 1885.