Das mennonitische DNA Projekt
 
von Stefan Froehlich
     
  Das Mennonitische DNA Projekt ist von Nachkommen von Mennoniten aus Westpreussen und Russland gegruendet worden. Das Projekt umfasst aber auch andere Gruppen, die aus der Taeuferbewegung entstammen, wie die Schweizer Mennoniten, die Hutterer und die Amischen. Folgende Ziele wurden formuliert:
  1. Herausfinden wie viele Stammeltern (gemeinsame Vorfahren) die heutigen Mennoniten haben.
  2. Ermitteln wie viele verschiedene Stammvaeter jeder beliebige heutige Nachname von Mennoniten hat.
  3. Die DNA Ergebnisse nutzen, um genealogische Verbindungen zwischen Familien herzustellen.
  4. Etwas ueber die Vergangenheit der mennonitischen Vorfahren zu erfahren, zu einem Zeitpunkt, als diese noch keine Mennoniten waren.
     
    Was wird bei einem DNA Test untersucht?
    Die DNA des Menschen enthaelt sein ganzes Erbgut. Alle Informationen ueber den gesamten Koerper sind dort gespeichert. Normalerweise erhaelt man ungefaehr 50 % des Erbgutes vom Vater und 50 % von der Mutter, 25 % von jedem Grosselternteil und 12,5 % von jedem Grosselternteil. Wie kann man also daraus Informationen ueber seine Vorfahren erfahren, wenn das Erbgut jede Generation neu gemischt wird? Die Loesung liegt beim Y-Chromosom und in den Mitochondrien. Das Y-Chromosom ist das Geschlechtschromsom, welches nur Maenner haben. Dieses wird nahezu unveraendert vom Vater zum Sohn vererbt. So kann man von einem Vorfahren in direkter maennlicher Linie, wenn man sich testen laesst, die genetischen Informationen erfahren. Eine weitere Moeglichkeit sind die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen. Diese enthalten die DNA der Mutter, die von der Mutter zu ihren Kindern vererbt wird. Es koennen jedoch nur Frauen diese weitervererben. Das bedeutet dass in dieser Abstammungslinie nur Informationen ueber weibliche Vorfahren gewonnen werden koennen, (die Mutter, der Mutter der Mutter usw.)
    Aufschlussreicher ist die DNA des Y-Chromsoms, weil gewoehnlich Nachnamen vom Vater zum Sohn vererbt werden.
    Inzwischen haben ueber 600 Personen niederdeutscher mennonitischer Herkunft einen (vaeterlichen) Y-DNA Test gemacht und ueber 600 Personen haben einen (muetterlichen) mtDNA Test gemacht. Die meisten Ergebnisse wurden allerdings noch nicht ausgewertet.. Die Ergebnisse sind genauso unterschiedlich, wie sonst auch in Europa. Obwohl die Mennoniten jahrelang eher abgesondert gelebt haben, gilt dies nicht fuer ihre vormennonitischen Vorfahren. Diese stammen urspruenglich von vielen verschiedenen Voelkern ab, obwohl ihre Vorfahren waehrend der Reformation wohl hauptsaechlich in den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz lebten. Die DNA-Ergebnisse geben keine Auskunft darueber, wo ein Nachname entstanden ist. So kann jemand einen friesischen Namen haben, aber seine Vorfahren kamen urspruenglich von woanders her. Genauso kann jemand Gemeinsamkeiten mit Friesen aufweisen, aber seine Vorfahren lebten waehrend der Entstehung der Nachnamen in einem anderen Teil der Niederlande.
     
    Im Folgenden gebe ich eine kurze Zusammenfassung, was bisher herausgefunden wurde. Viele Traeger mennonitischer Nachnamen stammen von einem gemeinsamen Vorfahren ab, aber es gibt auch nicht wenige Ausnahmen. Man konnte feststellen, dass bestimmte Namen, die man als verwandt vermutete, nicht miteinander verwandt sind.
   

- Die Nachnamen Froese und Friesen haben keinen gemeinsamen Vorfahren.
- Die Nachnamen Friesen und von Riesen sind jedoch verwandt
- Berg und Bergen sind nicht miteinander verwandt
- Voht und Vogt sind offenbar auch nicht miteinander verwandt
- Driediger und Riediger sind nicht miteinander verwandt
- Kroeker und Krueger/Kroeger sind nicht miteinander verwandt
- Hein und Heinrichs sind nicht miteinander verwandt.

     
    Braun: 8 DNA Ergebnisse von insgesamt 9 gestesteten Braun-Familien stimmen ueberein. Das bedeutet entweder, dass es urspruenglich zwei Braun Stammvaeter gab, oder dass im Laufe der Geschichte ein fremdes Kind adoptiert wurde, welches dann den Nachnamen seiner Stiefeltern annahm. Im Folgenden nenne ich das letztere Ereignis NPE (englisch: non-parental event = Nicht elterliches Ereignis).
    Doerksen, Derksen, Dirksen: 4 Proben von insgesamt 5 gestesteten Doerksen-Familien stimmen ueberein. Es gab also entweder zwei unterschiedliche Stammvaeter oder es geschah ein NPE.
    Dyck, Dueck: Alle 13 Proben stimmen miteinander ueberein. Somit hatten alle Dycks einen gemeinsamen Stammvater.
    Enns, Enz: 4 von 5 Proben stimmen ueberein. Die Probe, die nicht uebereinstimmt, stammt von Nachkommen eines Mannes, der im 18. Jhd. als uneheliches Kind geboren wurde. Er nahm den Namen der Mutter an. Alle anderen haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Eitzen: Es wurden bisher nur zwei Personen getestet. Ihre Ergebnisse stimmen nicht ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine Rueckschluesse ziehen.
    Epp: 5 von 6 Proben stimmen ueberein. Die Probe, die nicht uebereinstimmt, hat Uebereinstimmungen mit Proben des Familiennamens "Wall".
    Esau: Alle drei getesteten Personen stimmen ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine richtigen Rueckschluesse ziehen.
    Friesen: 21 von 20 Proben stimmen ueberein. Anhand der Anzahl der Getesteten ist es wahrscheinlich, dass bei der Abweichung ein NPE in der Stammlinie geschah.
    Froese: Laut den Ergebnissen gab es mindestens zwei nicht miteinander verwandte Stammvaeter. Moeglicherweise gibt es jedoch noch eine dritte Linie, die aber noch nicht abschliessend ausgewertet wurde.
    Funk: 4 von 5 Proben stimmen ueberein. Die Probe, die nicht uebereinstimmt, hat Uebereinstimmungen mit Proben des Familiennamens "Ediger".
    Giesbrecht: 2 Proben stimmen miteinander ueberein, aber nicht mit den drei anderen Proben. Also muss es zwei verschiedene Stammvaeter gegeben haben.
    Goertzen: Von 5 Proben stimmen nur zwei miteinander ueberein. Insgesamt muss dieser Familienname 4 unterschiedliche Stammvaeter gehabt haben.
    Hamm: Es wurden bisher nur zwei Personen getestet. Ihre Ergebnisse stimmen nicht ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine Rueckschluesse ziehen.
    Harder: Alle 8 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Hiebert: Von 11 Proben stimmen 9 ueberein. Die eine Probe, die nicht uebereinstimmt, hat Uebereinstimmungen mit Proben des Familiennamens "Penner". Die andere Linie hat keine Uebereinstimmung mit bisherigen Ergebnissen von Mennonitischstaemmigen.
    Hildebrand: Alle zwei getesteten Personen stimmen ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine richtigen Rueckschluesse ziehen.
    Janzen: 9 von 14 Proben stimmen ueberein. Ingesamt koennten die Janzens 5 verschiedene Stammvaeter gehabt haben. Es ist aber auch moeglich, dass ein NPE in einer der Linien geschah.
    Klassen: Von 8 Ergebnissen stimmen 6 ueberein. Die zwei anderen sind auch nicht untereinander verwandt. Also gab es entweder 3 Stammvaeter oder es geschah ein NPE.
    Krahn: Alle zwei getesteten Personen stimmen ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine Rueckschluesse ziehen.
    Kroeker: Alle 4 Proben stimmen ueberein. Interessanterweise ist das Ergebnis dem eines "Engbrecht" sehr aehnlich. Man kann die Verwandtschaft auf 500 bis 1000 Jahre zurueckdatieren.
    Loewen: Alle 8 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie hatten einen gemeinsamen Stammvater.
    Neufeld: Alle 10 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie hatten einen gemeinsamen Stammvater.
    Nickel: Alle drei getesteten Personen stimmen ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine Rueckschluesse ziehen.
    Penner: 35 von 38 Proben stimmen ueberein. Die restlichen Proben haben auch untereinander keine Gemeinsamkeiten. Eine Probe, die nicht uebereinstimmt, hat Uebereinstimmungen mit Proben des Familiennamens "Siemens". Es gab dann entweder 4 verschiedene Stammvaeter oder wahrscheinlicher 3 NPEs.
    Peters: Von 13 Ergebnissen stimmen 7 ueberein. Insgesamt gab es wohl 4 verschiedene Stammvaeter.
    Quiring: Alle 4 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Ratzlaff: 3 von 4 Proben stimmen ueberein. Also muss es irgendwann ein NPE gegeben haben.
    Regier: Alle 4 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Reimer: 4 von 5 Proben stimmen ueberein. Also muss es irgendwann ein NPE gegeben haben.
    Rempel: Alle 4 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Riediger: Alle zwei getesteten Personen stimmen ueberein. Ihr gemeinsamer Stammvater koennte aber auch zu einer Zeit gelebt haben, wo es noch keine Nachnamen gab.
    Sawatzky: Alle 3 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Schellenberg: Alle zwei getesteten Personen stimmen ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine Rueckschluesse ziehen.
    Siemens: Von 6 Proben stimmen 4 ueberein. Also gab es entweder zwei Stammvaeter oder es geschah ein NPE.
    Sudermann: Alle 6 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Thiessen: Von 8 Ergebnissen stimmen 7 ueberein. Es gab wohl irgendwann ein NPE.
    Toews: Von 6 Proben stimmen 5 ueberein. Es gab wohl irgendwann ein NPE.
    Voth: Alle zwei getesteten Personen stimmen ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine Rueckschluesse ziehen.
    Warkentin: Alle 6 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Wall: Alle 4 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Wiebe: Alle 14 getesteten Personen stimmen ueberein. Sie haben einen gemeinsamen Stammvater.
    Wiehler: Von 7 Proben stimmen 6 ueberein. Es gab wohl irgendwann ein NPE.
    Wiens: 2 Proben stimmen bisher ueberein. Die dritte ist nicht ausfuehrlich genug um eine Verwandtschaft zu belegen.
    Zacharias: Alle zwei getesteten Personen stimmen ueberein, aber anhand der geringen Anzahl der Getesteten kann man noch keine Rueckschluesse ziehen.
     
    Ueber die Vorfahren mancher mennonitischer Nachnamen gibt es einige Ergebnisse aus vormennonitischer Zeit. Epp, Loewen, Wiebe, Hiebert und eine Janzen Linie weisen Gemeinsamkeiten mit Friesen auf. Die Nachnamen Fehr, Thiessen, Neufeld, Friesen und Wall weisen Gemeinsamkeiten mit Angel-Sachsen aus. Das bedeutet nicht, dass die Friesens nie in Friesland gelebt haben, sondern dass ihre Vorfahren in fernerer Vergangenheit aus Daenemark oder Norddeutschland stammen. Die Doerksens haben Gemeinsamkeiten mit einem asiatischen Reitervolk, das waehrend der Voelkerwanderung in Europa einfiel. Eine Linie der Janzens hat Gemeinsamkeiten mit Menschen aus dem Mittelmeerraum. Der groesste Teil der Penners hat Gemeinsamkeiten mit Spaniern. Rempels koennten vielleicht slawischen Ursprungs sein.
    Wer mehr ueber dieses Projekt erfahren moechte, kann sich unter der Internetadresse www.mennonitedna.com (Englisch) informieren. Einen DNA Test bestellen kann man kommerziell bei Family Tree DNA oder kostenlos bei der Sorenson Molecular Genetics Foundation. Bei letzterer dauert die Auswertung ca. ein Jahr. Bevor man aber einen Test bestellt, sollte man den Gruppenkoordinator Glenn Penner (gpenner@uoguelph.ca) oder Tim Janzen (tjanzen@comcast.net) (beide auf Englisch) informieren. Da Glenn Penner besonders am Nachnamen Penner interessiert ist, bezahlt er maennlichen Personen dieses mennonitischen Nachnamens einen DNA Test, wenn man mit ihm Kontakt aufnimmt. Wer kein Englisch beherrscht, kann auch an Stefan Froehlich (steve.fr@web.de) schreiben, damit er den Kontakt herstellt.
     
   
Stefan Froehlich
       
   
Quellen:
The Mennonite DNA Project (englisch)
     
Zuletzt geaendert
     
am 25 September 2009