Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung

 

Buch: Mennonitisches Jahrbuch 1911-12. H. Dirks. 1913. Halbstadt
Artikel: Zur Jahrhundertfeier der Kolonie Neu-Osterwick, jetzt Pawlowka. Nach D. H. Rempel, Pawlowka
 
   
 
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Den Anfang mit dem Dorfe machte man am oestlichen Ende, dort wo jetzt die Kirche steht. Ein altes Haus ist noch geblieben, das im obern Querbalken der Haustuer, tief eingeschnitten, das Jahr seiner Geburt und das Gruendungsjahr des Dorfes anzeigt.
Die Gruendung des Dorfes fiel mit, dem, vaterlaendischen Kriege zusammen. Doch bis nach Moskau und Borodino war weit. Das Drohnen der Kanonen drang nicht nach Neu-Osterwick herueber, Ruhig und ungestoert konnten die Kolonisten ihrer Kulturarbeit nachgehen. Und als der Franzosenwinter schon fruehzeitig mit seinem ganzen Grimm einsetzte, da sassen unsere Uebersiedler bereits unter Dach und Fach und waermten sich am grossen Familienofen.
.Krieg- und Revolutionsnot, trotz 1854, 55 und 1905, hat Neu-Osterwick nicht kennen gelernt, wohl aber die Feuersnot mit allen ihren Schrecken.
In den dreissiger Jahren kam eine Frau Koop in den Flammen ihres brennenden Hauses um. 1853 brannten zwei Wirtschaften ab, - und 1863 - war das „grosse Feuer." Am 8, August brach das Unglueck herein. Es war um die Mittagszeit. Ein fuerchterlicher Ost stuermte mit ungestuemer Gewalt laengs dem Dorf dahin. Jedermann war froh, drinnen sein zu koennen. Da ploetzlich gab's ein graessliches Erschrecken! Feuer — ueberall Feuer! Bestuerzt eilte man hinaus, um zu helfen, zu retten! Aber wo anfangen? Wo aufhoeren?
Am oestlichen Ende des Dorfes wohnte der Wirt Johann Teichroew. Seine Frau wollte Mittag machen und stellte die Pfanne mit Fett aufs Feuer, Waehrend sie auf den Boden nach Mehl ging, entzuendete sich das uebermaessig erhitzte Schmalz — und im Augenblick stand das ganze Haus in Flammen. Der Sturmwind tat dann das Uebrige. Er schleuderte die brennenden Strohwische der Daecher, und andere brennende Sachen ueber das ganze Dorf, — und fast gleichzeitig lohte es ueberall auf.
Das gab eine Augst, ein Rufen und ein Schreien, An Retten war gar nicht zu denken. Nur das Vieh wurde freigelassen und hinausgetrieben, - dann aber ging's an ein Suchen der Angehoerigen, die das freie Feld zu gewinnen bemueht gewesen waren.
In einer guten Stunde war Neu-Osterwick ein rauchender Schutthaufen. 62 Gebaeude mit all den dazu gehoerigen Stallungen waren eingeaeschert. Auch die beiden Vorratsmagazine und die vor einem Jahre

         
 
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Zuletzt geaendert am 12 November 2006.