Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung



Gemeindebericht 1848, das Molotschnaer Mennonitengebiet

 

Gemeindebericht 1848, Mennonitenkolonien.

35. Elisabethtal

Diese Kolonie wurde im Jahr 1823 unter dem Gebietsvorsteher Gerhard Ens aus Altona und dem Dorfschulzen Peter Dick gegruendet. Die Lage des zugeteilten Landes bildet ein laengliches 8 Werst langes und 2 Werst breites Viereck. Die Grenzen sind: im Osten die Kolonie Alexandertal, im Westen das Vorwerk Steinbach, im Sueden die Nogaiersteppe und im Norden der Fluss Juschanlee. Dieser Fluss enthaelt in den meisten Jahren Wasser, und da die Weidesteppe daran stoesst, kann es zur Viehtraenke benutzt werden. Drei Werst suedlich vom Juschanlee ist der fast immer Wasser enthaltende Steppenfluss Tschokrak, an dessen rechter Seite die Kolonie angesiedelt ist. Dieses Steppenfluesschen bildet eine kleine flache Niederung, welche von saemtlichen Ansiedlern zu Gemuesegaerten benutzt wird. In nicht weiter Entfernung von der Kolonie wird das Land noch einmal von einem trockenen Steppfluss in ostwestlicher Richtung durchschnitten. Der Boden ist fuer Getreide ergiebig, da aber dort, wo die Gaerten angelegt sind, gelber Lehm vorherrscht, so wachsen die Baeume nur in den ersten fuenf Jahren und erreichen in zwanzig Jahren einen Stamm von 6 bis 7 Zoll Durchmesser, worauf sie schnell absterben. Die duenne Schwarzerdschicht wird durch's Ackern so locker, dass sie die starken Fruehjahrsstuerme haeufig mitsamt der gruenenden Saat wegfegen, wodurch schon oft grosser Schaden entstanden ist. Bausteine sind am Juschanlee in drei Werst Entfernung in Menge vorhanden.
Die Kolonie ist zum ehrenden Gedaechtnis an die verewigte Kaiserin Elisabeth Elisabethtal genannt worden.
Urspruenglich haben sich hier 22 Familien niedergelassen. Da aber das ueberfluessige Land des Vorwerks Juschanlee dieser Kolonie zugemessen wurde, so kamen in spaeteren Jahren noch drei Wirte hinzu (1855: 25 Wirtschaften, 29 Anwohnerfamilien, insgesamt 177 Maenner, 157 Frauen; 1857: 25 Wirtschaften, 110 Maenner, auf 1622 Desj. und 12 landlose Familien, 42 Maenner). Saemtliche 25 Ansiedler sind aus den Bezirken Marienwerder und Marienburg teils schon vor der Ansiedlung der Kolonie hierher gekommen. Das Land hatte vor der Gruendung Elisabethtals Klaas Wiens aus Steinbach in Pacht, welcher es gewoehnlich an Nogaier weiter verpachtete. Das erste Obdach der Ansiedler waren Bretterbuden und Erdhuetten. Vierzehn Familien erhielten einen Kronsvorschuss von 10,826 R. Banko. Die uebrigen 8 Familien behalfen sich mit ihrem eigenen aus dem Auslande mitgebrachten Vermoegen, welches sich insgesamt auf etwa 14,300 R. Banko belief.
Ihre uebrigen Schicksale, sowie die den Wohlstand foerdernden oder hemmenden Ereignisse hat diese Kolonie mit den uebrigen Ansiedlungen des Bezirks gemein.

Schulz Peter Lohrentz.
Beisitzer Klaas Dick, Heinrich Barg.
Schullehrer Heinrich Friesen.
Elisabethtal, Den 22. April 1848.


Quelle: Odessaer Zeitung. 42. Jahrgang, 1904, Nr. 216




Zuletzt geaendert am 1 Mai 2008