Brief von Aron und Aganetha Warkentin, Sorotschinskaja, bei Neu Samara, in der "Mennonitische Rundschau" vom 3. November 1909, Seite 13 und 14.

 

Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau) (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 3. November 1909, Seite 13- 14. (gotisch) von Lydia Friesen (geb. Esau).

 

 

Sorotschinskaja, Gouv. Samara den 24. Sept. 1909. Da ich die gegewärtige Adresse  unserer lieben Geschwister Peter Rempels, früher Hillsboro, nicht weiß, so bitte ich den lieben Editor, mein unvollkommenes Schreiben in die "Rundschau" aufzunehmen.
Liebe Geschwister! Der liebe Gott ist mit uns in diesem Sommer recht tiefe Wege gegangen, denn gleich im Frühjahr wurde meine liebe Frau krank an Zahnschmerzen, oder richtiger, Nervenentzündung. Die Schmerzen waren mitunter sehr groß, daß sie die meiste Zeit im Bett zubrachte. Dann Pfingsten bekam unser einziger Sohn Aron, schlimme Augen und mußte den ganzen Vorsommer im Finstern zubringen, auch schien auch alles Doktern nicht zu helfen, sondern das Augenlicht verschwand immer mehr. Dann wurde es mit meiner Frau etwas besser und wir beschlossen, daß ich mit Aron nach Samara fahren, um dort Rat zu suchen; fanden da auch bei einem Doktor Marlow sehr freundliche Annahme, der versprach die Augen in drei Wochen besser zu machen; ließ also meinen Sohn dort und ich fuhr nach Hause. Als ich hier von der Station nach Hause kam, war meine Frau nur allein vor der Thür, was mir auffallend war, denn Liese fehlte fast nie; sie war immer am Platze. Meine Frau sagte auch gleich, daß Liese ernstlich krank sei, und als ich den Doktor holte, bestätigte er Unterleibstyphus. Es gab dann sehr schwere Stunden, haben viel zu Gott gerufen, und wie froh waren wir, als sie eines Morgens freudig bekannte: "Nun habe ich Vergebung meiner Sünden, nun habe ich einen Heiland!" Ihre Krankheit war recht schwer, aber doch ist sie immer bei vollem Bewußtsein gewesen; den 13. Juli wurde sie krank und den 13. August ging sie heim; ihre letzten Worte waren: "Jesus ist bei mir." Etliche Tage vor ihrem Tode kam Aron nach Hause und als er in der Stube trat, rief Liese ihm entgegen: "Bruder, nun habe ich auch einen Heiland!" Aron hate den Heiland schon früher kennen gelernt.
Nach dem Begräbnis am 16. August, waren Aron seine Augen wieder so schlimm, daß wir uns einig wurden, ihn nach Simpferopol ins Krankenhaus zu schicken, wo er auch jetzt noch ist und auch bis Mitte November bleiben soll. Wir er uns schreibt, bessern die Augen und was wollten wir wohl lieber, als daß sie ganz besser würden. Doch die Zeit nimmt immer ab, und wird vielleicht nicht lang mehr währen, dann gehen auch wir nach Haus.
Nun komme ich noch etwas zu Euch, liebe Geschwister, Abr. Richerts, Korn. Okla.; sagen viel Dank für das beschriebene Blättchen aus dem Tagebuche, welches wir dieser Tage durch Harms erhielten. Haben uns herzlich gefreut in unserer Einsamkeit von Euch zu lesen und besonders daß es Euch wohl geht. Die Welt ist so groß und der Raum zwischen uns ist so weit und doch können wir uns unsere Umstände mitteilen, Freud und Leid miteinander teilen. Aus dem Obigem könnt auch ihr sehen, daß der Herr uns lieb hat.
Verbleiben in Liebe Eure Aron u. Ag. Warkentin.

 

Brief von Aron und Aganetha Warkentin, Sorotschinskaja, bei Neu Samara, in der "Mennonitische Rundschau" vom 4. Juli 1906, Seite 5 und 10. Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau)

   
Zuletzt geändert am 2 Oktober, 2017