Brief von einem Unbekannten aus Nikolaipol, Asien, und eingegangenen Spenden in der "Mennonitische Rundschau" vom 2. April 1884

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 2. April 1884, Seite 2. (gotisch) von Elena Klassen.

 

Asien.
Central – Asien.
Nikolaipol, den 20. Januar.
Theuerer Bruder Harms, Da durch eine Correspondenz ein Mißverständnis geworden, zumal nicht erwähnt, von wannen (seit wann? – E.K.) der Jüngling Kornelius Martens, Sawatzkys Stiefsohn sei,  wovon in No. 23 der „Rundschau“ die Rede ist, so will ich denn selbiges auseinander setzen, und durch die „Rundschsu“ berichten. Erwähnter Martens, der als Sträfling nach Berdjansk transportirt worden ist, ist nicht von Turkestan, sondern von der Molotschna. Er wohnt sammt seinen Aeltern (Eltern – E.K.) in der Krim und ist von Halbstadt nach Berdjansk transportirt worden. Doch aber rückt auch an uns eine ähnliche Prüfung heran, denn einem Ehemann, Namens Abraham Görz, vom Kuban hierher gekommen, ein Taufgesinnter, hat das Loos zum Kronsdienst getroffen. Da er den Dienst aber Glaubens halber nicht annehmen will, so wissen wir noch nicht, wie es ausfallen wird, zumal die Obrigkeit, trotzdem sie uns gewogen ist, unsern Glauben nicht versteht. Am 29. Okt. 1883 fuhren Br. J.Janzen und Br. J.Hamm mit erwähnten Görz nach Taschkent zur Besichtigung. Und da er für tauglich erklärt wurde, und Br. Janzen zur Verteidigung unsers Glaubens der russischen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, hat er die Erlaubniß auf seine Bitte erhalten, denselben schriftlich in deutscher Sprache aufzustellen, dann in die russische Sprache übersetzen zu lassen, um ihn alsdann der Behörde von Taschkent vorlegen zu können. Solche Schriften werden von einem Mann, Namens Malowiensky, der zu solcher Pflicht von der Obrigkeit angestellt, übersetzt, da aber ein jedes seine Zeit hat, so auch dieses. Ehe diese Schrift übersetzt war, ist der Gouverneur verreist, und die Brüder sind denn also am 8. Dez., ohne Resolution zurückgekehrt. So ist die Sache bis den 16. Januar denn verblieben. Am vorerwähnten Dato ist Br. J.Janzen und sein Br. H.Janzen nach Aulieata zum Ujesdnoj Natschalnik (Ein Vorgesetzter des Amtsbezirkes – E.K.) gefahren, da Görz durch Br. J.Janzen sollte hingestellt werden. Görz ist erst den 17. hingereist. Unser einfaches Bekenntniß ist: „Wür dürfen keinen zum Krondienst ausliefern, auch keinen Dienst etwa unter einem Gesetzlichen Kommando leisten.“ Bruder Janzen kommt wohl heute noch zurück von Aulieata, alsdann werde ich noch weiter darüber Auskunft geben. Wir haben auch ein Geschenk vom General – Gouverneurer erhalten, welches in einem Stier und einem Kuhkalb besteht. Um das Stierkalb ist gebeten worden, aber um das Kuhkalb nicht. Die Kälber sind holländischer Art, und sind schon über ein halb jahr alt. Der Gesundheitszustand ist gut, dem Herrn sei Dank! Die Witterung ist sehr wechselhaft, doch aber sehr gelind (mild? – E.K.); mitunter fast Sommertage. Es ist für uns recht vortheilhaft, da das Brennmaterial noch immer nicht hinreichend da ist. Von den nach Chiwa gegangenen Wolgaern will ich etwas berichten, und zwar einen Auszug aus einem Briefe von dort, wie folgt: „Fast alle Nacht besuchen uns die Diebe (Räuber) immer wenn Mondlicht ist, und gehen denn von Haus zu Haus; haben im ganzen bei 35 Pferde und 8 Kühe genommen. Die Kühe all in einer Nacht. Die Räuber sind schon so kühn, wenn man sie auch ruft, um sie zu verscheuchen, so schießen Sie gleich auf den Menschen; als z.B. die Diebe bei Gerhard Janzens angekommen und stehlen wollten, hat es sein Nachbar Heinrich Janzen gesehen, derselbe ist mit drei seiner erwachsenen Söhne hinaus gegangen, um Gerh. Janzen zu rufen, und da die Diebe es gehört, ist der eine, der auf seinem Pferde saß und Wache gehalten (wie die Diebe es denn immer haben, daß der eine mit geladener Flinte auf seinem Pferde bleibt und Wache hielt, und die andern zerschlagen die Thüre mit ihren Hacken, dieselbe dienen bei ihnen anstatt Spaten), auf ihn zugekommen und hat seine Flinte abgefeuert, doch durch den Schutz des Herrn hats Keinen getroffen. Sie nehmen bis sechs Pferde in einer Nacht. Bei Emil Riesens sind die Diebe bei einer Nacht gekommen um zu rauben. Da sie aber mit großer Mühe die Thür zu öffnen hatten, zumal dieselbe stark verriegelt gewesen, haben sie mit Fluchen mit ihren Hacken und Beilen, wobei sie auch großes Messer durch die Thürspalte gesteckt, die Thür zerhauen; es ist ihnen ärgerlich gewesen, daß sie so viel Mühe hatten, die Thür zu öffnen, denn es war schon die zweite Nacht, daß sie bei Riesens gekommen waren, und die erste Nacht nicht Geräthschaft bei sich gehabt, die Thür zu öffnen, so hatten sie nichts nehmen können. Riesen hat alles zugesehen, hat aber nichts machen können; es sind vier Mann dabei gewesen. Es darf sich keiner wagen hinaus zu gehen, bei solchem Raube, denn er würde kein besseres zu erwarten haben, als der Dasige  (in Chiwa) ermordete Heinrich Abrahams. Jetzt haben die Diebe auch schon Schlüssel, sich die Thüre aufzuschließen. Bei Heinrich Janzens (der bei Gerh. Janzens den Raub gehindert) auch noch auf andern Stellen, haben die Diebe die Fenster eingeschlagen.“ Bis hierher der Auszug aus dem Chiwaischen Brief. Brud. J.Janzen ist denn gestern von Aulieata, sammt Görz zurück gekehrt, und haben weiter kein Resultat erhalten, als daß man eigentlich nicht weiß was mit uns zu machen ist, und man würde sich auch der Sache halber, nicht um uns bemühen, wenn nicht von der Molotschna her gefragt würde. Wenn es hinsichtlich des Staatsdienstes noch harte Proben geben sollte, will ichs dir berichten.
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Für Asien erhalten –

Durch Fr. Str. von P.D. (Liebenau), drei Dollars, für Heinrich Funk, früher Marienthal, Rußland.

Durch A.B.B. von Heinrich Wedel. Kansas, für Johann und Peter Wedel, fünfundzwanzig Dollars.
   
Zuletzt geändert am 17 Dezember, 2016