Brief von Jakob Mandtler aus Gnadental, Turkestan in der "Mennonitische Rundschau" Nr. 45 vom 7. November 1883

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" Nr. 45 vom 7. November 1883, Seiten 1 und 2. (gotisch) von Elena Klassen.

 

Asien.
Aulieata. Gnadenthal, 6 Sept.
Liebe Rundschau! Du möchtest doch gerne mehr von uns und unserer Umgebung mittheilen, darum will ich Dir einiges schreiben. Ich möchte alle die in Christo Jesu sind, und sich meiner uns meiner Familie erinnern, den wahren Frieden wünschen, denn derselbe ist der Trost, in der Noth. Ach wie oft fehlt der Friede, wenn ich so zurück blicke in die Vergangenheit und die Zeit unseres Hierseins, wie oft hat mein Herz es erfahren, daß nicht Friede da war, ja der Herr hat durchgeholfen, und es möglich gemacht, trotz unserm vielen Kleinglauben. Es geht den Gläubigen dennoch immer das Licht wieder auf. Und in diesem Licht blicken auch wir jetzt wieder auf, denn der Herr hat uns unsere Ernte bewahrt und wir haben sie dürfen einsammeln; zwar ist sie gering, doch dem Herrn sei Dank dafür, der uns durch dieselbe ein Hoffnung schimmern läßt in die Zukunft hinein. Weizen giebt es bis 50 P. per Deßjatin (wiewohl er untergepflügt und weitläufig aufgegangen war), Hafer ist auch verschieden, dennoch ziemlich gut, noch ganz wenig ausgedroschen, doch nach einigen Versuchen giebt es von ein Pud Aussaat 12 Pud und darüber. Gerste ist sehr wenig, da fehlt es uns noch an Kenntniß der Zubereitung des Landes. Hirse wird es auch noch schön geben. Es fehlt uns Allen an Kraft und Geduld, dann wird es Alles wohl werden. Gartengemüse von allen Sorten sehr gut, dennoch beim Besten ist es verschieden; wo man etwas hat bedüngen können, da ist es besonders gut, sonderlich bei den Kartoffeln, die auf solchem Lande vortrefflich gedeihen. Es ist hier eine blaue gattung, von welcher ich eine Kartoffel wog, die zwei Pfund schwer war, habe aber gehört, daß unter den Geschwistern solche von vier Pfund sind; das sind Ausnahmen. Wir werden hinreichend bekommen und Einige werden sie nicht brauchen. Die Wassermelonnen sind nicht sehr häufig, dennoch verschieden, wir haben wenog, einige noch weniger. Heu und Spreu für Futter ist hinreichend und das Stroh wird wohl Alles zu Brennmaterial verwendet werden. Die Witterung ist abwechselnd, dennoch trocken; vom 31. August auf den 1. September wurden die Berge ganz mit Schnee bedeckt. Im Thal hatte es so viel geregnet, daß etwas Wasser stand, und darauf sind Nachtfröste gefolgt. Die Getreidepreise sind niedrig, Weizen vier Rbl., und etwas darüber (@ Battmen 12 Pd.), Roggen vergangene Woche gekauft @ B. (Battman – E.K.) 2 Rubel 40 Kopeken und 2R. 64 Kop. Mehl billige Sorte 28 Kop. @ Pud. Es wird bald wieder theurer werden, denn der arme Kirgise hat keinen Speicher, und so vergräbt er es in die Erde. Die Armuth unter ihnen ist sehr groß; wer es hat, der hat es, wer nicht hat, der hat auch gar nichts. O ein armes Volk nach Leib und Seele. Es ist mir ganz deutlich, daß es unsere Aufgabe ist, diesem armen Volke in dieser letzten Zeit das Licht des Evangeliums zu bringen. Ach, daß wir dazu recht geschickt würden. Euer im Herrn verbundener

Jakob Mandtler
   
Zuletzt geändert am 10 Dezember, 2016