Zwei Briefe aus Asien in der Zeitung "Offene Türen" Nr. 2, April 1912, S. 15 und Nr. 3, Juni 1912, S. 22-23

 

Zugeschickt von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Offene Türen" Nr. 2, April 1912. (gotisch) von Viktor Petkau.

Kopie der Zeitung "Offene Türen" Nr. 3, Juni 1912. (gotisch) von Viktor Petkau.

 

 

"Offene Türen", Nr. 2, April 1912, S. 15

Turkestan.
Romanowka.

Jetzt im Winter kommen nur hin und wieder einige .... (unleser. – E.K.) Kirgisen zu uns, weil die meisten sich in der kalten Jahreszeit weit entfernt in den Bergen aufhalten. Aber im Frühjahr werden wir in dieser Beziehung wieder viel zu tun haben.
Im Herbst hatten wir einige Wochen einen 18 Jahre alten Kirgisen in Behandlung. Er war infolge einer ganz falschen Behandlung von seinen Angehörigen lahm geworden. Man hatte Junge so leid. Ach, wie viel Not und Elend – geistlicher und leiblicher Art – gibt es unter diesem Volke!
Im Erlernen der Sprache haben wir leider noch sehr geringe Fortschritte gemacht; weil uns die nötige Zeit dazu fehlt. Ich habe jetzt schon fast den ganzen Tag in der Molkerei zu tun, und die Arbeit nimmt Tag zu Tag zu.
Doch habe ich auch, besonders in der letzten Zeit, viel mit der Wortverkündigung dienen dürfen. Die Leute hören gerne das Wort Gottes.

Oswald Herhold u. Frau.

 

 

„Offene Türen", Nr. 3, Juni 1912, S. 22 - 23

Zentral – Asien.
Ein Brief aus Taschkent.

Wohlbehalten erreichte ich Taschekent zur rechten Zeit. Hier wurde ich von Regen und Schmutz empfangen; doch nickten mir die Blüten der Urjukbäume (Abrikosenbäume – E.K.), während ich noch auf der Bahn fuhr, ein freundliches Willkommen zu. Seit vorgestern ist schönes Wetter. Wenn ich Gelegenheit finde, gedenke ich zu Ostern zu meinen Brüdern zu fahren. Ich wollte schon mit dem Postfuhrwerke fahren, aber diese sind zu sehr in Anspruch genommen. Der Weg nach Aulie – ata und Werny ist eine Zeit so schlecht gewesen, daß der Verkehr nur mit Kamelen unterhalten werden konnte. Wie unser Bruder Abr. Janzen die Reise wohl gemacht haben mag!
Ich habe mich etwas nach einem Lokal zum Bibeldepot umgeschaut, aber noch nichts geeignetes gefunden. Ich besuchte in dieser Angelegenheit Frln. M., die durch Fürsprache der Schwester des Moskauer General – Gouverneurs von letzterem die Erlaubnis der Kolportage für ganz Rußland erhalten hat. Sie meinte, zuerst solle die Erlaubnis zur Eröffnung eines Bibeldepots eingeholt werden, dann erst könne man ein Lokal mieten. Ich habe diesbezüglich an Dr. Kean geschrieben. Die genannte Dame ist eine eifrige Verbreiterin der Heiligen Schrift unter den Moslem. Ich muß sie achten, obwohl sie Advendistin ist, und habe den Eindruck, daß sie bei der Verbreitung der Schrift nur den Herrn Jesum im Auge hat. Sie arbeitet ohne jegliche Unterstützung, aus eigenen Mitteln.
Ich habe mich in der letzten Zeit viel mit der Ansiedlung am Tschu beschäftigt. Wenn sich die Eröffnung des Bibeldepots nicht verwirklicht, dann ist es wohl möglich, daß ich dorthin übersiedeln werde. Es ist ein sehr abgeschlossener Ort. Mir tut es leid, daß meine medizinischen Kenntnisse nicht mehr sind.

Mit Gruß
M. Thielmann.

   
Zuletzt geändert am 19 Dezember, 2018