Brief von Jakob Wedel aus Blumenfeld (??? - E.K.), Turkestan in der "Mennonitische Rundschau" vom 28. Januar 1925, S. 23

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 28. Januar 1925, S. 23. (gotisch) von Elena Klassen.

 

Blumenfeld (??? – E.K.), Aulie – Ata, Turkestan,
den 14. Sept. 1924.

(Auszug aus einem Briefe an unsern Mitarbeiter Jacob Wedel.)
Es geht mit starken Schritten dem Verderben entgegen. Sonntagsschule und Jugendvereine sind verboten, mit  Kindern unter 18 Jahren soll nicht von ihrem Seelenheil gesprochen werden. Wenn wir Turkestaner nach Amerika ziehen wollen, dann ist es nur wegen der Religionsfreiheit, denn die haben wir hier nicht.
Ihr Lieben, ich glaube, daß die Zeit da ist, wie wir lesen in 1. Joh. 2,18, denn der Unglaube nimmt stark zu. Wir Kinder Gottes wollen auf die Zeichen der Zeit achten, denn die letzten Dinge gehen schnell. Auch das ist ein Zeichen, daß scheinbar Kinder Gottes wieder zurück zur Welt gehen, wenn ich dann so in die Zukunft schaue, dann ist es mir so, wir werden noch viel Trübsal durchmachen müssen, aber wenn ich dann auf meinen Heiland schaue, dann muß es so gehen, denn der Weg, den Er gegangen ist, ist mit Blut gezeichnet. Nun, Ihr Lieben, ich bin heute etwas niedergedrückt, doch will ich kurz berichten, wie es uns geht. In diesem Jahre hatten wir ein nasses Jahr und kühl. So viel wir konnten, pflügten wir bei den Kirgiesen Auf euigenem Land nur wenig. Der Herr hat die Felder gesegnet; es scheint eine gute Ernte zu geben. Von 7 Pud Aussaat.Gerste haben wir 115 Pud bekommen. Die Ackerei wird hier noch genau so betrieben, als Du, Jakob, noch zu Hause warst.
In diesem Jahre gibt es viel Obst, nur schade, daß es noch keinen Preis hat. Haben auch schönes Gemüse. Das Getreide ist billig. Der Weizen 70 Kop. das Pud, Hafer 40 Kop., Gerste 50 Kop.; es wird wieder alles nach Goldrubel gerechnet. Schnittware ist immer noch teuer.
Es hat sich hier auch ein Mennonitenverein gebildet; die Mehrheit der hiesigen Mennoniten sind Glieder desselben.
Unsere Haupteinnahme ist jetzt Käse und Butter und Getreide. Diese Produkten übernimmt der Vereinsladen gegen Ware; alles was der Bauer braucht. Der Käse hat einen niedrigen Preis: 14 Kop. das Pfund.
Ich kann nicht umhin auch von zwei Unglücksfällen zu berichten. Kor.Walls jüngster Sohn, Herman, fiel beim Fahren vom Fuder Heu und war auf der Stelle tot. Das andere Unglück traf unsere Reimers Sohn, Jakob Reimer. Er fiel vom Fuder Hafer zwischen die Pferde, wurde mitgeschleppt, für tot aufgehoben. Der ganze Körper war gelähmt. Der Kopf war jedoch klar. Nach einigen Tagen starb er froh im Herrn.

Grüßend verbleibe ich Euer Vater Jakob Wedel.
   
Zuletzt geändert am 21 März, 2017