Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung



Gemeindebericht 1848, das Bergtaler Mennonitengebiet

 

Gemeindebericht 1848, Mennonitenkolonien.

Schoenfeld

Wenn man die auf der suedwestlichen Seite dieser Kolonie sich erhebende Anhoehe besteigt, die von der Kolonie durch eine Niederung getrennt ist, so kann man die Reihen der Wirtschaftsgebaeude uebersehen. Alle Haeuser sind regelmaessig angelegt und im Innern zweckmaessig eingerichtet. Was das Äussere besonders ziert, sind die von den Ansiedlern angelegten Obstgaerten, die laengst der Gasse mit wilden Birnbaeumen und zwischen den Feuerstellen mit Maulbeerhecken eingefasst sind. An der oestlichen Seite dieser Kolonie befindet sich die Gehoelzplantage der ganzen Dorfsgemeinde, welche mit verschiedenen Arten von Waldbaeumen, darunter ein Drittel Maulbeerbaeume, bepflanzt ist. Diese Plantage enthaelt 12 1/2 Dessjatinen Land, was auf jeden Wirt 1/2 Dessjatine betraegt.
Die Kolonie wurde im Jahre 1837 gegruendet und die Haeuser aus Luftziegeln gebaut. Die Niederung, in welcher die Kolonie liegt, heisst auf Griechisch Bodny, d.h. Wassertal. Da sie reich an Wasserquellen ist, so fliesst hier beinahe den ganzen Sommer hindurch ein kleiner Bach. Der Erdboden hat eine 3/4 - 1 Arschin dicke Oberschicht von schwarzer vegetabilischer Erde auf einer Unterlage von stellenweise mit Gestein vermischter gelber Tonerde. Die Fruchtbarkeit ist mittelmaessig. Am besten wachsen folgende Baumarten: Ahorn, Eschen, Ruester, amerikanische Akazie, vorzueglich Maulbeeren und in den Niederungen Weiden. Die noetigen Steine werden auf 8 Werst Entfernung von einem grossen Steinhuegel herbeigeschafft.
Da der Ansiedlungsplatz, welcher von den Deputierten dieses Bezirks Wilhelm Rempel und Jakob Martens, in Gemeinschaft mit dem Chortitzer Oberschulzen Jakob Bartsch aufgesucht wurde, ein schoenes ebenes Feld war, so gaben sie der Kolonie den Namen Schoenfeld. Als man dort aber beim Graben eines Brunnens in einer Tiefe von 52 Fuss noch kein Wasser fand, so musste das Dorf bei der Kolonie Bergtal am obenerwaehnten Bach angelegt werden. Den Namen Schoenfeld aber behielt das Dorf schon bei.
Anfaenglich hatten sich hier 25 Familien aus dem Chortitzer Mennonitenbezirk angesiedelt. Seit 11 Jahren haben sich noch 16 junge Familien gebildet und als Kleinhaeusler angebaut. Das Vermoegen der ersten Ansiedler, die alle Kleinhaeusler waren, belief sich nur auf 400 bis 900 Rubel banko. In Anbetracht ihrer Armut erhielten sie je 5 Transportfuhren aus dem Chortitzer Bezirk zur Ueberfuehrung ihrer Effekten.
Da der Erdboden dieser Kolonie zum Getreidebau und zur Baumkultur recht gut geeignet ist und das Getreide in dem nahen Mariupol seit einigen Jahren gute Preise hat, so haben sich die Umstaende der Ansiedler sehr gebessert.
Die Jahre 1840 und 1845 brachten empfindliche Missernten. Der Winter von 1840 auf 1941 war sehr ungestuem, und es fielen von 1385 Schafen 679 Stueck infolge Futtermangels. Seit Gruendung der Kolonie sind bereits 31 Stueck Zugpferde gestohlen worden, wodurch einige Wirte in grosse Armut geraten sind.
Vor Feuersbruensten, Ueberschwemmungen, Erdbeben und epidemischen Krankheiten ist die Kolonie verschont geblieben.
Im Winter 1840 auf 41 wuerde der Verlust an Vieh noch bedeutender gewesen sein, wenn nicht der ehrsamen Kirchenaelteste Jakob Braun aus Bergtal Anstalt getroffen haette, aus der Chortitzer Kolonie Geld anzuleihen und fuer die hungernden Menschen und Tiere Nahrung herbeizuschaffen. Die dadurch entstandene grosse Schuld ist bereits getilgt. Das Geld hatte der Neuendorfer Kraemer Franz Thiessen fuer billige Prozente hergegeben.

Dorfschulz: Groening.
Beisitzer: Toews, Huebert.
Schullehrer: Abraham Friesen.
Schoenfeld, den 8, Mai 1848.


Quelle: "Unterhaltungsblatt fuer deutsche Ansiedler im suedlichen Russland." 1852 Nr. 9-11




Zuletzt geaendert am 1 Mai 2008